Mit der Hybrid-Antriebseinheit Renault E-Tech 19 will das Renault F1 Team seinen steilen Aufwärtstrend in der Formel 1 fortsetzen. Nahezu 1.000 PS Systemleistung stellt das Kraftpaket aus dem französischen Hauptquartier von Renault Sport in Viry-Châtillon bei Paris bereit. Der Formel 1-Antrieb nutzt gleich zwei zukunftsweisende Energie-Rückgewinnungssysteme. Nirgendwo sonst sind die Ansprüche an einen Hybridantrieb bezüglich Energieeffizienz und Innovationskraft größer als im Technologiewettbewerb in der Königsklasse.1
Leistung, Zuverlässigkeit und Effizienz: Die Maximierung dieser drei Faktoren im Korsett eines strengen Reglements ist die Herausforderung für die Formel-1-Motoreningenieure von Renault. Sie zu meistern, kommt nicht nur den Renault Werksfahrern Nico Hülkenberg und Daniel Ricciardo auf der Rennstrecke zugute. Die Relevanz für zukünftige Serientechnologie hat für Renault oberste Priorität und erhebt Viry-Châtillon zum Forschungslabor für zukünftige Modelle des französischen Autoherstellers. Für die Saison 2019 rüstete Renault in der Geburtsstätte seines Formel 1-Antriebs sowohl personell als auch technisch mächtig auf. Ein komplett neues Gebäude entsteht, und noch in diesem Jahr geht ein weiterer Hightech-Prüfstand in Betrieb: Mit ihm können die Experten dann erstmals Motor und Getriebe im Verbund oder sogar das komplette Heckteil des Autos samt Hinterachse testen – oder den Verbrennungsmotor und das Abgasenergie-Rückgewinnungssystem jeweils separat.
F1-Motor von Renault: So funktioniert die Hybrid-Power-Unit
Die insgesamt 145 Kilogramm leichte Renault E-Tech 19-Antriebseinheit liefert mehr als 950 PS Systemleistung. Sie setzt sich zusammen aus einem 1,6 Liter großen V6-Turbomotor sowie den beiden Energie-Rückgewinnungssystemen MGU-H und MGU-K. Dabei steht „MGU“ für Motor Generator Unit. Das „H“ bedeutet „Heat“ und bezieht sich auf die Nutzung von Abwärme aus dem Abgastrakt: Der schnell drehende Turbolader dient nämlich zugleich als Generator. Hinter dem Kürzel „K“ verbirgt sich die Umwandlung kinetischer Energie – also Bewegungsenergie, die durch die Motorbremse zurückgewonnen wird. Die rekuperierte zusätzliche Power wird in leistungsfähigen Akkus zwischengespeichert. Nico Hülkenberg und Daniel Ricciardo können sie in bestimmten Streckenabschnitten abrufen und profitieren somit zum Beispiel bei Überholmanövern vom zusätzlichen Schub.
Das Reglement legt exakt fest, wie viel Bremsenergie rekuperiert und abgerufen werden darf – das jeweilige Limit beträgt zwei respektive vier Megajoule (MJ) pro Runde. Die Drehzahl des MGU-K-Generators ist auf 50.000 pro Minute limitiert, die Leistungsausbeute beträgt 120 kW (163 PS). Die Energiemenge, die das System aus der Abgasenergie gewinnen kann, bleibt hingegen unbegrenzt. Die Turbine in der MGU-H erreicht mehr als 100.000 Umdrehungen pro Minute. Die maximale Drehzahl des Verbrennungsmotors ist gemäß Regelwerk auf 15.000 Touren pro Minute beschränkt.
Natürlich spielt in der modernen Formel 1 das Thema Effizienz eine große Rolle: Der Verbrauch des kompakten V6 mit Vierventiltechnik und Direkteinspritzung unterliegt strengen Vorgaben. Hülkenberg und Ricciardo müssen bei jedem Grand Prix mit 110 Kilogramm Kraftstoff über die Renndistanz von rund 300 Kilometern kommen.
In der Topliga des weltweiten Motorsports bewegt sich alles im Grenzbereich – dennoch genießen Zuverlässigkeit und Standfestigkeit höchste Priorität. Während der 21 Grands Prix darf jedes Team pro Fahrzeug höchstens drei Verbrennungsmotoren, Turbolader oder Abgasenergie-Rückgewinnungssysteme verwenden. Wer mehr benötigt, wird bestraft. Hierfür sieht das Reglement zum Beispiel das Zurückversetzen in der Startaufstellung vor. Von der MGU-K dürfen sogar nur zwei Exemplare pro Saison eingesetzt werden.
Renault ist einer der erfolgreichsten Hersteller in der Geschichte der Formel 1
Renault blickt auf eine über 40-jährige Erfolgsgeschichte in der Formel 1 zurück: Mit zwölf Konstrukteurs- und elf Fahrer-Weltmeistertiteln zählt die Marke zu den erfolgreichsten Herstellern in der Königsklasse. Seit dem Comeback mit eigenem Werksteam zur Saison 2016 verzeichnet Renault einen klaren Aufwärtstrend: Auf Platz neun in der Debütsaison folgte 2017 die sechste WM-Position, und im vergangenen Jahr kämpfte sich die Equipe bereits auf Rang vier nach vorne.
Renault E-Tech 19 – technische Daten
Verbrennungsmotor
Hubraum: 1,6-Liter-V6
Anzahl Zylinder: 6
Höchstdrehzahl: 15.000 1/min
Aufladung: Ein Turbolader, unbegrenzter Ladedruck (durchschnittlicher Maximaldruck: 5,0 bar)
Kraftstoffdurchfluss-Begrenzung: 100 kg/h
Erlaubte Treibstoffmenge pro Rennen: 110 kg
Bauart: 90° V6
Bohrung: 80 mm
Hub: 53 mm
Kurbelwellenhöhe: 90 mm
Anzahl der Ventile: 4 pro Zylinder, insgesamt 24
Gemischaufbereitung: Direkteinspritzung
Systeme zur Energierückgewinnung
Drehzahl MGU-K: Max. 50.000 1/min
Leistung MGU-K: Max. 120 kW (163 PS)
Energierückgewinnung der MGU-K: Max. 2 MJ pro Runde
Energieabgabe der MGU-K: Max. 4 MJ pro Runde
Drehzahl MGU-H: ˃ 100.000 1/min
Energierückgewinnung der MGU-H: Unbegrenzt
Allgemeines
Gesamtgewicht: Min. 145 kg
Antriebseinheiten pro Fahrer und Saison: 3 Verbrennungsmotoren, Turbolader und MGU-H; 2 MGU-K
Systemleistung: Über 699 kW (950 PS)
1 Quelle: Renault F1 Team, Press Pack 2019; www.renaultsport.com/.
(Stand 03/2019, Irrtümer vorbehalten)