Der Renault R4 erblickt 1961 das Licht der Autowelt und entwickelt sich rasch zu einem echten Erfolgsmodell. Das Raumwunder begeistert mit Robustheit, Praktikabilität, Komfort sowie Wirtschaftlichkeit. Mehr noch: Der R4 wird für eine ganze Generation zum Sinnbild für Freiheit. Das französische Modemagazin „Elle“ zieht Anfang der 1960er Jahre nach einer Umfrage unter seinen Leserinnen ein deutliches Fazit über den feschen Franzosen: „Das beste Auto für Madame“. Das Mannequin Michèle Ray will es ganz genau wissen. Zusammen mit drei anderen Damen startet die damals 26-Jährige 1965 zu einer gewagten Expedition. Sie führt die vier Damen über eine Strecke von 40.000 Kilometern von Feuerland bis Alaska – mit zwei Renault R4.
Im Juni 1965 erreichen Éliane Lucotte, Betty Gérard, Martine Libersart und die spätere Journalistin und Filmproduzentin Michèle Ray als Kopf des Quartetts „4 Elle“ den Ausgangspunkt ihrer Reise: die südamerikanische Stadt Ushuaia ganz im Süden Feuerlands. Vor ihnen und den beiden Renault R4 liegt eine echte Härteprüfung durch größtenteils unwirtliches Gelände. Bevor das Abenteuer startet, eignen sich die Damen in einer dreiwöchigen Spezialausbildung in einem Renault Werk das nötige technische Know-how für die Expedition an. Eine wertvolle Schulung, denn so können sie unterwegs etwaige technische Probleme selbst lösen.
Renault R4: Das perfekte Auto für die Expedition
Mit der Wahl des Fahrzeugs beweisen die Teilnehmerinnen bereits vor dem Start, wie wohl durchdacht sie die Herkulestour angehen wollen. Michèle Ray kommentiert den Entschluss mit den Worten: „Der R4 ist aus mehr als einem Grund ein Auto für Frauen. Leicht zu fahren, aber vor allem auch leicht zu heben.“1 Je nach Ausstattung brachte ein R4 etwa 600 bis 720 Kilogramm auf die Waage. Ein unbestrittenes Argument für das praktische Fahrzeug, denn unterwegs galt es immer wieder, das Auto aus riesigen Schlaglöchern und zahllosen Spurrillen heraus zu wippen.
Abenteuerreise im R4: Mehr Werkzeug, Ersatzräder und Benzin als Kleidung
Voll beladen starten die beiden Renault R4 auf die „Expedition Michèle Ray“. An Bord: reichlich Benzinkanister, Werkzeuge, Ersatzräder und Filmmaterial. Für die Bekleidung müssen sich die Damen auf einen einzigen gemeinsamen Koffer beschränken.
Die Route führt über abenteuerliche Pisten durch Argentinien, Paraguay, Brasilien, Bolivien, Ecuador, Kolumbien sowie durch Mittelamerika, Mexiko, und die USA bis nach Kanada. Erschwerend kommen stundenlange Diskussionen mit hartnäckigen brasilianischen Beamten hinzu. Die vier wagemutigen Französinnen lassen sich allerdings nicht aufhalten und verfolgen konsequent den Plan, ihr Ziel in Alaska zu erreichen.
Immer wieder müssen sie den R4 komplett entladen, um ihn aus tiefen Schlammlöchern zu befreien. Vor der Etappe durch den unwegsamen Mato Grosso in Brasilien erweitern sie ihr Equipment um Karabiner, Munition und Macheten. Man weiß ja nie, was einen fernab der Zivilisation hinter der nächsten Biegung erwartet. Um Gewicht zu sparen, sind sogar die Lebensmittel rationiert.
Navigationssystem: Fehlanzeige. Beschilderung: äußerst dürftig
Mit Kompass und Landkarten kämpft sich das Team nach Bolivien durch. Auf der nächsten Etappe durch die Kordilleren beweisen die beiden R4 ihre Standfestigkeit und überwinden selbst 5.200 Meter hohe Gebirgspässe. Trotz der extrem dünnen Luft und des deshalb überfetteten Gemisches verrichten die Motoren zuverlässig ihren Dienst.
Zentralamerika durchquert die Expedition mitten in der Regenzeit. Dabei wühlen sich die Renault R4 durch zahlreiche Bäche – denn viele Brücken wurden von den Wassermassen weggeschwemmt. Deutlich schneller kommen die Damen an der nordamerikanischen Westküste voran und legen pro Tag bis zu 1.000 Kilometer zurück.
Bis zum Ziel in Alaska liegen nur noch 1.500 Kilometer vor dem unerschrockenen Quartett, als sie erneut vor einer großen Herausforderung stehen: Das Thermometer zeigt minus 18 Grad Celsius, als ein Stein die Windschutzscheibe eines der Renault R4 durchschlägt. In einen Schlafsack gewickelt fährt Michèle Ray weiter und hält auch diese Tortur durch. Erschöpft aber glücklich erreichen „4 Elle“ mit ihren Renault R4 schließlich ohne weitere Pannen Anchorage in Alaska.
Auch Jahrzehnte später hat der heute als kultig geltende Franzose nichts von seinem Reiz verloren. In Portugal wird er geliebt und noch immer als Alltagsauto eingesetzt. Und bei der Wohltätigkeits-Rallye „Raid 4L Trophy“ setzen Studenten den R4 ein, um Schulmaterialien und medizinisches Equipment für benachteiligte Kinder nach Marokko zu transportieren.
1 Quelle: Renault Pressemitteilung PRP 48/20 vom 12.08.2020
(Stand 10/2020, Irrtümer vorbehalten)