Auch wenn sie vor den Augen des Berliner Publikums vielleicht nicht um den Sieg kämpfen konnten – was die Unterhaltung betrifft, haben die Formel E-Piloten mit Z.E.17-Antriebsstrang von Renault im Rücken mit ihren rein elektrisch angetriebenen Rennwagen eine Glanzleistung abgeliefert.
Wo einst die Flugzeuge mitten im Herzen der Bundeshauptstadt landeten, sorgten bereits zum dritten Mal die Elektroboliden der Formel E für Hochspannung – und das im eigentlichen wie auch im übertragenen Sinne. Die rein elektrische Rennserie nutzte am Samstag erneut einen eigens errichteten, 2,370 Kilometer langen Parcours auf dem Gelände des ehemaligen Airports Berlin-Tempelhof für ein Motorsport-Spektakel, das Emotionen statt Emissionen lieferte. Mittendrin: die beiden Renault e.dams-Piloten Sébastien Buemi und Nicolas Prost sowie Tabellenführer Jean-Eric Vergne und der deutsche Le Mans-Sieger André Lotterer. Letztere starten für das private Team Techeetah, das von dem französischen Elektrofahrzeug-Spezialisten den Antriebsstrang übernimmt.
Buemi war als Siebter im Qualifying nur knapp am SuperPole-Zeitfahren der besten Sechs vorbeigeschrammt, legte aber zu Beginn des 45-Runden-Rennens einen blendenden Start hin und schnappte sich noch vor der ersten Kurve das Auto von Felix Rosenqvist. Wenig später war auch Jérôme D’Ambrosio fällig und der Schweizer – Formel E-Meister der zweiten Saison – schon wieder Fünfter. Kurze Zeit darauf hatte Buemi auch Vergne im Visier und passierte den Franzosen leichtfüßig, doch der ehemalige Formel 1-Fahrer nahm dies nicht ohne Gegenwehr hin. In einem mutigen Manöver bremste sich der Techeetah-Mann neben den Renault Z.E.17 des Eidgenossen, beide touchierten sogar, dann hatte Vergne die vierte Position zurück.
Das Duell der beiden Heißsporne sollte weitergehen, denn nach dem obligatorischen Fahrzeugwechsel zur Rennhalbzeit kehrte Buemi als Vierter auf den Stadtkurs zurück – sein Team hatte den schnellsten Boxenstopp von allen hingelegt. Nun hieß das neue Ziel Oliver Turvey. Im Formationsflug fuhren Buemi und Vergne die Lücke zu dem Briten zu, und als der Schweizer in der 33. Runde erfolgreich einen Angriff in Kurve 10 startete, nahm sein französischer Rivale die Steilvorlage mit Genuss: Dank höherem Schwung zog er mit und ging in Kurve 1 auch gleich am hellblauen Renault vorbei. Buemi lag vorher wie nachher auf dem undankbaren vierten Rang. Daran sollte sich bis ins Ziel nichts mehr ändern.
„Heute haben wir nicht ganz mit den gleichen Waffen gekämpft wie die beiden Erstplatzierten Daniel Abt und Lucas di Grassi, am Ende fehlte mir auch die Pace, um Jean-Eric noch einmal zu schnappen – aber nach Position sechs in Rom und Rang fünf in Paris konnten wir uns erneut verbessern“, so der zwölffache Formel E-Laufsieger. „Nach all den Erfolgen, die wir in den vergangenen Jahren in dieser rein elektrischen Rennserie eingefahren haben, können wir damit kaum zufrieden sein. Aber zwölf Meisterschaftspunkte sind auch ganz gut. Wir konzentrieren uns jetzt darauf, das Saisonfinale noch positiver für uns zu gestalten.“
Wenig Glück für Nico Prost
Dies wünscht sich auch Nicolas Prost, der in Berlin erneut ein Wochenende zum Vergessen erwischte. Mangelnder Gripp warf ihn im Qualifying auf die 19. Startposition zurück. Von dort arbeitete sich der Franzose zwar ehrgeizig nach vorne, doch der Fahrzeugtausch warf ihn wieder zurück – dichter Verkehr in der Boxengasse verlängerte seinen Stopp um acht Sekunden. Bis ins Ziel hatte er sich erneut auf Position 14 vorgekämpft.
„Das war das übelste Qualifying meiner Rennfahrerkarriere“, grübelte Prost später. „Aber im Rennen funktionierte mein Renault Z.E.17 hervorragend – für den Sprung in die Punkteränge hat nicht viel gefehlt. Wir machen derzeit eine schwierige Phase durch, aber unsere Motivation bleibt ungebrochen. Das Auto ist gut genug für Top-3-Resultate, wir müssen nur das Ruder herumwerfen.“
Jean-Eric, das Punkte-Eichhörnchen von Techeetah
Vergne, als Tabellenführer an die Spree gereist, verließ den Tempelhof mit einem breiten Grinsen: Nach neun von zwölf Saisonrennen führt er die Fahrerwertung auch dank des Z.E.17-Antriebsstrangs von Renault weiterhin an, sein Vorsprung auf den Zweitplatzierten Sam Bird – der in Berlin nur Siebter wurde – ist sogar auf 40 Zähler gewachsen. Bislang hat sich der Franzose noch keinen Ausfall erlaubt.
Als steter Garant für Dramatik sorgte Vergnes Teamkollege André Lotterer auch in der Bundeshauptstadt für Kurzweil. Nach einem Mauerkontakt musste der in Duisburg geborene, aber in Belgien aufgewachsene Langstreckenspezialist das Rennen als 18. aufnehmen und gefiel lange Zeit vor allem dadurch, dass er die Energiereserven seines Elektrorennwagens geschont hat. Im Schlussspurt langte der dreifache Le Mans-Sieger dann gnadenlos zu und kassierte unter dem Beifall der Berliner einen Kontrahenten nach dem anderen – dabei fuhr Lotterer von Rang 15 noch bis auf die neunte Position nach vorn.
Denn wie gesagt: Um den Sieg konnten die Fahrer mit Renault Z.E.17-Antriebsstrang beim deutschen Formel E-Lauf vielleicht nicht kämpfen – für Hochspannung und begeisternden Motorsport aber haben sie gesorgt.
(Stand 05/2018, Irrtümer vorbehalten)