Das Rätselraten und Taktieren hat ein Ende: Nach einer vergleichsweise kurzen Winterpause und acht Testtagen in Barcelona mussten die Formel 1-Teams in Australien Farbe bekennen – der erste Grand Prix des Jahres lieferte erste Indizien über das wahre Kraftverhältnis in der Topklasse des Motorsports. Der Saisonauftakt hat gezeigt: Das Renault F1 Team zählt auch 2019 wieder zu den schnellsten Verfolgern des Spitzentrios.
In England, das sich gerne als Heimat des Motorsports betrachtet, kursieren viele Lebensweisheiten rund um das Fahrerlager. Eine davon lautet: „When the flag drops, the bullshit stops“ und heißt so viel wie „erst wenn das Rennen beginnt, weißt du, wo du wirklich stehst“.
Das gilt auch für das Renault F1 Team.
Viel wurde in den vergangenen Wochen in die Rundenzeiten bei den Barcelona-Testfahrten hinein interpretiert und zum Beispiel Sebastian Vettel – der seine bisherigen vier WM-Titel mit Motoren von Renault errungen hat – schon vorzeitig zum großen Titelkandidaten erklärt. Nun, nach dem ersten Kräftemessen auf dem Albert Park Circuit in Melbourne, sieht die Sache schon wieder etwas anders aus. Auch wenn der 5,3 Kilometer lange Stadtkurs nicht als typischer Grand Prix-Kurs gilt.
Das französische Werksteam ist mit hohen Erwartungen in die neue Saison gestartet. Für Daniel Ricciardo gilt dies ganz besonders: Der stets gut gelaunte Australier – Neuzugang in der Fahrerriege von Renault – wollte bei seinem Heimspiel glänzen und hatte bereits im Vorfeld einen wahren PR-Marathon absolviert, um allen Wünschen seiner Landsleute zu entsprechen. Das Rennen des 29-Jährigen, der vor eigenem Publikum noch nie den Sprung aufs Podium geschafft hat, war jedoch nach nur wenigen Metern für die Katz’: „Ich habe einen guten Start erwischt und bereits zu Sergio Perez aufgeschlossen“, so der siebenfache Grand Prix-Sieger. „Ich wollte mich neben ihn setzen und bin mit zwei Rädern auf den Grünstreifen geraten – eigentlich kein Grund zur Sorge. Dort habe ich jedoch zu meiner eigenen Überraschung ein massives Loch erwischt.“
Das Ergebnis: ein zerstörter Frontflügel und große Schwierigkeiten, die erste Kurve ohne Kollision zu überstehen, sowie ein vorgezogener Boxenstopp. „Das ist mehr als unglücklich, ich bin echt bedient“, gab Ricciardo zu, der seinen angeschlagenen Renner nach 28 von 58 Runden vorzeitig abstellte. „Das hat mein Rennen ruiniert. Wenigstens Nico konnte aufzeigen, zu was unser Renault R.S. 19 in der Lage ist.“
Anders als sein Teamkollege hatte Nico Hülkenberg einen besseren Start erwischt und sich gleich in der ersten Runde von Position elf auf Rang acht vorgearbeitet. „Das hat mein Rennen geprägt – danach kam es für mich in erster Linie nur noch darauf an, dass ich mir das Potenzial des Autos und der Reifen gut einteile“, so der 31-Jährige aus Emmerich, dessen größter sportlicher Erfolg weiterhin der Gewinn der 24 Stunden von Le Mans 2015 bleibt. „Dennoch war es ein schwieriger Grand Prix, gerade in den letzten zehn Runden bin ich nochmal richtig unter Druck geraten und musste um meine Position kämpfen. Das ist mir zum Glück gelungen. Mit Platz sieben haben wir einen guten Start in die Saison erwischt und die ersten WM-Punkte eingefahren. Es zeigt aber auch, wie viel Arbeit noch vor uns liegt. Wir müssen mehr Performance finden und die Balance des Autos weiter verbessern.“
Die nächsten Entwicklungsschritte stecken bereits in der Pipeline
Das sieht Cyril Abiteboul, der Chef des Renault F1 Teams, ähnlich: „Nico fuhr ein starkes und sehr intelligentes Rennen. Aber wir wissen, dass unser Rennwagen viel mehr Potenzial besitzt, als wir in Australien zeigen konnten – speziell im Qualifying, wo wir Probleme hatten, die sich nachteilig auf unsere Startpositionen auswirkten“, so der Franzose. „Unsere Priorität für die kommenden Grands Prix liegt ganz klar darauf, diese Leistungsfähigkeit zu nutzen und die nächsten Entwicklungsschritte wie geplant zu machen.“
(Stand 03/2019, Irrtümer vorbehalten)