„If you make it there, you can make it everywhere“ – wenn Künstler dies sagen, sprechen sie von New York als ultimative Nagelprobe für die Karriere. Kommt der Satz von Formel 1-Fahrern, meinen sie eher den „Circuit de Catalunya“. Denn der Große Preis von Spanien, traditionell Auftakt der Europasaison, gilt als Gradmesser für die Konkurrenzfähigkeit eines Grand Prix-Rennwagens. Das Renault Sport Formel 1-Team wird dies mit Freude hören: Nico Hülkenberg fuhr bei WM-Lauf Nummer fünf auf den sechsten Platz. Es ist das beste Ergebnis für den französischen Werksrennstall seit seiner Rückkehr in die Topliga des Motorsports 2016.
Dabei hatte das Wochenende für den Emmericher gar nicht so gut begonnen: Im Qualifying musste sich der Le Mans-Sieger von 2015 noch mit dem 13. Rang begnügen – der katalanische Wind spielte dem Deutschen nicht in die Karten. Seinen Teamkollegen Jolyon Palmer, der nur auf Rang 17 in der Startaufstellung stand, hatte „Hülk“ trotzdem sicher im Griff.
Doch es stand ja noch ein ganzes 66-Runden-Rennen bevor, und der 29-Jährige stellte einmal mehr seine ganze Klasse unter Beweis. Während sich in Kurve eins Russland-Überraschungssieger Valtteri Bottas mit Kimi Räikkönen und Max Verstappen anlegte und die letzteren beiden daraufhin vorzeitig Feierabend hatten, nutzt der Niederrheiner die Gunst der Stunde und das Chaos vor ihm, um im Handstreich den siebten Rang zu erobern. Eine Position, auf der er es sich zunächst gemütlich machte, denn alle direkten Konkurrenten von Renault – also die Rennwagen von Haas, Williams und Toro Rosso – lagen hinter ihm.
Nach dem ersten Boxenstopp in Runde 15 hatte sich jedoch ein anderer Deutscher an Nico vorbei gemogelt: Pascal Wehrlein war auf einer Einstoppstrategie unterwegs und dachte lange Zeit gar nicht daran, neue Pneus aufziehen zu lassen – widersetzte sich aber auch durchaus gekonnt jedem Angriff seines Verfolgers. Der spielte daraufhin die Taktikkarte aus und vertraute seiner Boxenmannschaft: Als der Sauber-Pilot in Runde 33 endlich zum Service abbog, fuhr Hülkenberg gleich hinterher. Und die Renault Sport Formel 1-Mechaniker leisteten ganze Arbeit: In Rekordzeit verpassten sie dem Renault R.S. 17 vier neue Pneus. Als Wehrlein wieder anfuhr, war sein Landsmann längst vorbei und Sechster.
„Platz sechs ist ein tolles Resultat und eine großartige Belohnung zugleich“, freute sich Hülkenberg im Ziel. „Das war heute unser Tag – weil schon kurz nach dem Start einige der Topautos ausgefallen sind und weil wir auf der Strecke zur Stelle waren, um davon zu profitieren. Meine Boxenjungs haben einen großartigen Job abgeliefert, der mich beim zweiten Stopp an dem Sauber vorbeibrachte. Ich fühle mich im Auto immer wohler. Doch es liegt auch weiterhin viel Arbeit vor uns.“
Palmer hatte mit einer mutigen Strategie versucht, aus seiner schlechteren Ausgangsposition noch das Beste zu machen: Er war direkt mit der Medium-Reifenmischung gestartet, die er bereits nach der ersten Runde gegen neue Soft-Pneus tauschte. Auch nach dem 20. und 41. Umlauf ließ der Brite weitere neuen Sätze der weichen Mischung aufziehen. Geholfen hat es ihm nicht viel: Er sah die Zielflagge als 15. „Wir müssen eingestehen, dass unser Plan nicht aufgegangen ist“, gab sich der 26-Jährige anschließend einsichtig. „Ich setze mich jetzt mit meinen Ingenieuren zusammen, dann analysieren wir das Rennen. Ich bin mir sicher, dass wir in 14 Tagen beim Großen Preis von Monaco besser dastehen.“
„Dieser Grand Prix hat mal wieder bewiesen, dass du nie aufgeben darfst“, freute sich Renault Sport Formel 1-Geschäftsführer Cyril Abiteboul über den Sprung auf Rang sieben der Konstrukteurswertung. „Im Rennen waren wir schneller als unsere Kontrahenten von Haas, Williams und Toro Rosso, das stimmt mich zuversichtlich. Aber wir geben auch weiterhin alles, um noch besser zu verstehen, wie wir das Potenzial unseres Renault R.S. 17 maximal ausnutzen können.“
Aber Abiteboul weiß auch: Wenn das Auto in Barcelona gut läuft, dann funktioniert es auch auf den übrigen Strecken der Saison.
Der Sechszylinder-Hybrid-Turbomotor, der den Renault antreibt, hat es in Barcelona übrigens bis aufs Podium gebracht: im Heck des Red Bull von Daniel Ricciardo, der Dritter wurde. WM-Punkte sammelte das Aggregat auch in den Autos von Toro Rosso: Lokalmatador Carlos Sainz belegte in Spanien Rang sieben, sein russischer Teamkollege Daniil Kvyat lief auf der neunten Position ein.
Wird Nico Hülkenberg in Monte Carlo erstmals der Sprung aufs Podium gelingen?
(Stand 05/2017, Irrtümer vorbehalten)