Neue Energie durch Fasten: Weniger ist mehr

  • Fastenzeit

Mit dem Aschermittwoch beginnt für viele weltweit die Fasten- oder Passionszeit. 40 Tage lang üben sich Menschen zur Vorbereitung auf Ostern in Verzicht. Aber wer verzichtet heute eigentlich noch? Und vor allem: warum und worauf? Und was bringt mir das?
Die Fastenzeit, wie wir sie heute kennen – also jene 40 Tage vor Ostern, in denen sich vor allem gläubige Christen ganz bewusst in Verzicht üben – lässt sich bis ins vierte Jahrhundert zurückverfolgen. Damals führte die Kirche eine Bußzeit ein. Die Menschen sollten diese Zeit der Ruhe und der inneren Einkehr nicht nur zur Vorbereitung auf das wichtigste Fest des Christentums nutzen, sondern sich auch mit ihrem eigenen Leben und ihrer Vergänglichkeit auseinandersetzen. Die Zahl 40 hat dabei übrigens durchaus eine biblische Bedeutung. Denn sie erinnert unter anderem an das 40-tägige Fasten Jesu in der Wüste. Übrigens: Auch in anderen Religionen werden Formen des Fastens praktiziert.

Hunger sorgt für Kreativität:
Clevere Mönche kommen auf findige Ideen

Im Mittelalter wurde der Verzicht während der Fastenzeit groß geschrieben: Die Fastenregeln erlaubten lediglich eine Mahlzeit pro Tag. Genussmittel wie Alkohol, Fleisch oder Süßigkeiten waren verpönt. Als erlaubte Fastenspeise galten hingegen Fische, da es sich bei ihnen um sogenannte Wassertiere handelt. Dieses Hintertürchen nutzten findige Mönche clever aus und erklärten kurzerhand auch Enten und Biber zu erlaubten Speisen. Und damit Ente und Biber auch weiterhin munter „schwimmen“ konnten, brauten die Diener Gottes mancherorts ein spezielles, sehr gehaltvolles Fastenbier – das sogenannte „Fastenbock“. Wohl bekomm‘s.
Heute legen hierzulande nach wie vor Millionen Menschen jedes Jahr eine Fastenzeit ein – gestern noch hoch die Tassen, ab heute herrschen dann Verzicht, Gebet und Buße. Dabei bedeutet Fasten nicht zwingend vollständige Askese. Viele Gläubige verzichten während der Fastenzeit vielmehr auf liebgewonnene Dinge und Gewohnheiten. Zu den Fasten-Favoriten zählt neben Alkohol, Rauchen, Naschereien und Fernsehkonsum auch die Fleischeslust – was nicht nur heißt, dass mancher auf Probe vegetarisch lebt…
Der Verzicht während der Fastenzeit fordert Durchhaltevermögen und Disziplin und stellt somit viele Menschen auf die Probe. Aber warum freiwillig auf Gewohnheiten und Leckereien verzichten, die normalerweise fester Bestandteil ihres Alltags sind? Hier sind sich (fast) alle Fastenden einig: Fasten ist kein Verlust, es befreit vielmehr Körper und Geist von unnötigem Ballast, man nimmt Düfte und Geschmäcker intensiver wahr und findet nicht selten neue Energie und Leichtigkeit im Leben. Darüber hinaus hilft es den eigenen „Schweinehund“ zu überwinden und sich selbst in Sachen Disziplin zu testen. Es ist ein Beweis für sich selbst und für das eigene Durchhaltevermögen. Ein erfolgreicher Verzicht über 40 Tage macht stolz und kann durchaus zu einem besseren Konsum-Bewusstsein in der Zukunft führen. Eine besondere Form stellt dabei das sogenannte Heilfasten dar, das allerdings nur unter ärztlicher Aufsicht praktiziert werden sollte. Hierbei soll der Körper „entschlackt“ werden.

Erst Fastelovend, dann Fastenzeit:
Rheinländer haben beim Verzicht die Nase vorn

Eine aktuelle Forsa-Umfrage1 im Auftrag der Krankenkasse DAK-Gesundheit zeigt: Insbesondere in der Narrenhochburg Nordrhein-Westfalen wird eifrig gefastet. Demnach wollen 64 Prozent der Rheinländer während der Fastenzeit eine bestimmte Gewohnheit über Bord werfen – mehr als in jedem anderen Bundesland. Auf Platz eins der verbannten Versuchungen stehen Süßigkeiten. 69 Prozent der Befragten wollen die Leckereien meiden, um sich dann an Ostern womöglich mit einem leckeren Osternest selbst für ihren starken Willen zu belohnen. Auf Platz zwei folgt der Alkohol (61 Prozent). Auf Fleisch (39 Prozent), Fernsehen (34 Prozent) und Rauchen (31 Prozent) hingegen wollen deutlich weniger Fastenwillige verzichten.
Körperliche Gesundheit ist für viele ein willkommenes Ziel dieser Übung. Doch Fasten hilft auch, den Kopf frei zu bekommen und zu erkennen, dass nicht alles, was wir besitzen und konsumieren, tatsächlich unverzichtbar ist.
Warum also nicht auch mal jenen Dingen entsagen, deren zeitweiliger Verlust für viele Zeitgenossen wirklich „schmerzhaft“ wäre? 40 Tage und 40 Nächte ohne soziale Medien. Ohne Likes und Posts, ohne Smileys und Hashtags. „Facebook-Fasten“ oder „Twitter-Fasten“ dürfte so manchen postmodernen Menschen rasch an seine Grenzen führen.

Facebook-Fasten bringt bis
zu 8,5 Stunden Zeitgewinn pro Woche

Laut der aktuellen ARD/ZDF-Onlinestudie sind knapp 80 Prozent2 der Deutschen online. 44,5 Millionen Mitbürgerinnen und Mitbürger surfen sogar täglich; das entspricht 63 Prozent. Ob in der Bahn, im Bus oder beim Spazierengehen: Auch unterwegs ist das Internet für 55 Prozent der Deutschen zum unverzichtbaren Begleiter geworden. Ob Kaffeetrinken, Shoppen oder Freunde treffen – nahezu alles wird direkt geteilt und gepostet. Moderne Smartphones machen es möglich. Laut der Studie TOMORROW FOCUS Media Social Trends gab die Mehrheit der Befragten (51,1 Prozent3) an, sogar mehrmals täglich auf Facebook, Twitter, Instagram und Co. zu surfen. Wobei Facebook mit 80,5 Prozent4 nach wie vor das mit großem Abstand am häufigsten genutzte Soziale Netzwerk darstellt.
Fasten von sozialen Medien wie Facebook, Twitter und Instagram: Ein Verzicht, mit dem ein deutlicher Gewinn an Lebenszeit einhergeht. Einer australischen Studie zufolge investieren Facebook-Nutzer pro Woche 8,5 Stunden5, um zu liken, zu chatten oder sich über Neuigkeiten aus dem vermeintlichen Freundeskreis zu informieren. Viel Zeit, die gewiss auch anderweitig sinnvoll investiert werden könnte. Zum Beispiel in Form von sportlicher Betätigung, dem Lesen interessanter Bücher, oder um den besten Freunden in der Realität einen Besuch abzustatten.
Weniger ist mehr: Üben Sie sich während der Fastenzeit auch in Verzicht? Was steht auf Ihrer ganz persönlichen Fastenliste?
1 www.rp-online.de.
2 www.ard-zdf-onlinestudie.de.
3 www.burda-forward.de, Seite 7.
4 www.burda-forward.de, Seite 7.
5 www.pcwelt.de.
(Stand 02/2017, Irrtümer vorbehalten)

Nach oben