Traurig, aber wahr: Frauen sind in der Formel 1 noch immer unterrepräsentiert – im Cockpit der brachial schnellen Einsitzer sowieso. Das BWT Alpine F1 Team hat jetzt einen Schritt unternommen, dies in Zukunft vielleicht zu ändern: Vor dem Großen Preis von Saudi-Arabien nahmen gleich zwei Fahrerinnen am Steuer Platz und pilotierten einen Formel 1-Rennwagen zu Demonstrationszwecken durch die Altstadt von Riad. Ein Anfang ist also gemacht!
30 Jahre ist es inzwischen her, dass eine Frau als Fahrerin an einem Formel 1-Wochenende teilgenommen hat: Giovanna Amati trat 1987 bei drei Grands Prix an. In die Startaufstellung schaffte es die Italienerin kein einziges Mal – ihr fußlahmer Brabham-Judd ließ jede Konkurrenzfähigkeit vermissen, um die Hürde der Vorqualifikation zu überwinden. Kein Wunder, dass das Team am Ende der Saison in der Versenkung verschwand. Seither ist es in der Königsklasse des Motorsports um Diversität, was dies betrifft, schlecht bestellt.
Als Frau in die Formel 1: Abbi Pulling hat einen Plan
Geht es nach Abbi Pulling, wird sich das schon bald ändern. Die Britin hat sich die Formel 1 zum Ziel gesetzt – und dank des BWT Alpine F1 Teams jetzt einen ersten Eindruck davon bekommen, wie es im Cockpit eines solchen Monoposti zugeht: Einen Tag vor ihrem 19. Geburtstag bekam sie die Gelegenheit, mit dem spektakulären Rennwagen von Diriyah, dem Stammsitz der königlichen Al Saud-Familie, bis in das neue Finanzzentrum der saudi-arabischen Hauptstadt Riad zu fahren.
Damit nicht genug: Auch Aseel Al Hamad erhielt die Gelegenheit, das von einem hochdrehenden Renault V8-Motor angetriebene E20-Modell aus der Formel 1-Schmiede von Alpine im britischen Enstone auszuprobieren. Al Hamad gehört dem Vorstand des saudischen Automobil- und Motorrad-Dachverbands an und vertritt ihre Heimat in der FIA-Kommission „Frauen im Motorsport“.
„Das war meine erste Erfahrung am Steuer eines Formel 1 – und es hat meine Erwartungen weit übertroffen“, zeigte sich Abbi Pulling begeistert. Sie geht 2022 wieder in der für Frauen reservierten W-Series an den Start, wo sie im vergangenen Jahr bei vier Läufen eine Pole-Position und einen zweiten Rang errungen hat. Damit gilt sie in der neuen Saison automatisch als große Favoritin. Der französische Sportwagenhersteller hat sie in das Förderprogramm Alpine Affiliate aufgenommen, die Vorstufe der Alpine Academy. „Ich fahre Rennen, seitdem ich acht Jahre alt bin. Der Grand Prix-Sport war immer mein erklärtes Ziel. Ich freue mich unheimlich, dass ich diesem Traum jetzt einen kleinen Schritt nähergekommen bin!“
Formel 1 und Frauen am Steuer: Warum soll das nicht möglich sein?
Davon, dass Frauen in der Formel 1 fehl am Platz seien, will die Britin nichts wissen: „Es ist so wichtig, dass die Industrie junge weibliche Talente für den Motorsport begeistert und unterstützt“, so Pulling. „In Verbindung mit Demo-Fahrten für Rennfahrerinnen zeigen Nachwuchsprogramme wie die Alpine Academy auf, dass es entsprechende Möglichkeiten und Förderstrukturen gibt. Ich bin sehr begeistert, was Aseel mir von ihren Initiativen zur Unterstützung weiblicher Fahrerinnen berichtet hat – das ist für mich und die kommende Generation sehr ermutigend!“
„Es war toll, erneut mit dem BWT Alpine F1 Team auf die Strecke gehen zu dürfen“, berichtet Aseel Al Hamad, die bereits 2018 mit demselben Auto eine viel beachtete Testfahrt in Magny-Cours unternommen hatte. „Dass mir diese Gelegenheit in meiner Heimatstadt Riad gewährt wurde, macht es natürlich noch spezieller. Ich hoffe, dass unser Beispiel mehr Frauen Mut macht, über eine Karriere im Motorsport nachzudenken. Darum bin ich so froh, Abbi kennengelernt zu haben: Sie zeigt, was für Mädchen möglich ist, was sie in Zukunft erreichen können – denn es kommt nur auf das Talent an, nicht auf das Geschlecht!“
(Stand 3/2022, Irrtümer vorbehalten)