Formel 1-zigartig: Kunstwerke mit Adrenalin-Garantie

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Einen siegreichen Formel 1-Motor zusammenzubauen, ist eine Kunst für sich. Doch manchmal kann auch beim Zerlegen eines solchen Hightech-Aggregats Kunst entstehen. In Zusammenarbeit mit Renault verwandelte die britische Bildhauerin Angela Palmer die markantesten Bauteile eines Renault RS27-V8 in faszinierende Skulpturen und kreierte die Ausstellung „Adrenalin“.

Das Spannende an Palmers Idee: Sie verändert zwar nicht die Form der Bauteile, stellt sie aber in einen völlig anderen Zusammenhang. Beispiel Kurbelwelle: In siebenfacher Größe aus amerikanischem Walnussholz nachgebaut und mannshoch in den Raum gestellt, verwandelt sich die innovative Technik in ein indianisches Totem.

Eine Drosselklappe, nachempfunden aus einer hellen Bronzelegierung, wirkt plötzlich wie ein antikes Schmuckstück. Die vielleicht spektakulärsten Stücke aus „Adrenalin“ würde jeder Motorsportfan mit Kusshand in sein Wohnzimmer stellen: Die vier ineinander verschlungenen Rohre des linken Auspufftrakts hat die Britin aus knallrotem Kunstharz neu geschaffen, die rechte aus Walnussholz. Die so entstandene Skulpturen wurden zum Renner in jeder Design-Galerie.

Renault stellte Formel 1-Motorenteile

& Konstruktionszeichnungen bereit

Apropos Renner: Als Vorlagen für diese Werke ließ Renault die Künstlerin ganz tief in die Geheimnisse des RS27-V8 blicken. Der Motor aus der Renault Sport F1-Werkstatt in Viry-Châtillon gilt mit je fünf Fahrer- und Hersteller-Weltmeisterschaften als eines der erfolgreichsten Formel 1-Aggregate überhaupt. Jahrelang wurde sein technisches Innenleben gehütet wie die Kronjuwelen, doch seit 2014 ist der V8 in der Formel 1 bekanntlich abgelöst durch die hochmoderne Hybrid-Antriebseinheit Renault ENERGY F1 – und Renault konnte CAD-Konstruktionszeichnungen und wichtige Originalteile des RS27 an Angela Palmer weiterreichen.

Palmer sieht sich als Enthüllungskünstlerin, als Kartographin von Dingen, die sonst verborgen bleiben. Ihr Ansatz: „Mehr als zwei Milliarden Menschen fahren Auto, doch kaum einer weiß, wie es im Innern eines Motors aussieht“ – ganz zu schweigen vom Innern eines Grand Prix-Triebwerks. Das Unsichtbare zeigen, die äußere Hülle durchleuchten, das ist die Passion der britischen Bildhauerin. Gern benutzt sie Magnetresonanzbilder oder Röntgenfotos für ihre Arbeit, den Renault RS27-V8 machte sie durch Tuschezeichnungen auf 25 Plexiglasscheiben praktisch durchsichtig.

Verborgenes aufdecken

& künstlerisch aufbereiten

Etwas aufdecken und ästhetisch aufbereiten – dieses Motiv zog sich schon durch Palmers „erste Karriere“. Sie war zuvor als Journalistin bei der britischen „Times“, beim Magazin „Observer“ und der Modezeitschrift „Elle“ tätig.

Zu Besuch bei Renault Sport F1 erkannte die Künstlerin: Ein Formel 1-Workshop ähnelt mehr einem neurowissenschaftlichen Institut als einer Motorenschmiede. „Ich sah Teile, die das Produkt herausragender technischer Fähigkeiten sind, bis zum letzten Mikron optimiert auf optimale Funktion. Völlig unbeabsichtigt haben viele dieser Komponenten dabei eine Ästhetik gewonnen, die außer ihren Schöpfern in dieser abgeschotteten Welt kaum jemand wahrnimmt.“

Das Ästhetische, zugleich Absurde ihrer Werke wird beispielsweise von den Werkstoffen bestimmt. Die Ventile der Formel 1-Motoren von Renault beispielsweise arbeiten bei Temperaturen an die 1.000 Grad. Da wären Angela Palmers Nachbildungen aus Bronze längst flüssig. Ihre Zahnstangen aus Sandstein würden bei den immensen Kräften im Innern eines Formel 1-Triebwerks in Millisekunden zu Staub zerbröseln. Der besagte Auspufftrakt aus Kunstharz könnte immerhin mal dekorativ aufflackern, wenn er je in Berührung mit den heißen Auspuffgasen käme. Und ein Fahrerhelm aus Kristallglas wäre in der Realität nicht nur wegen des hohen Gewichts eine unpraktische Lösung…

Aber das Wesen der Kunst ist ja gerade, die Realität durch Verfremdung umso deutlicher ins Bewusstsein zu rücken. Bezogen auf ihre „Adrenalin“-Skulpturen heißt das: Angela Palmer verlagert die Wahrnehmung des Betrachters von der mechanischen Funktion auf die visuelle Kraft der Formen und Materialien. Und lässt damit die siegreiche Formel 1-Technik von Renault in einem buchstäblich neuen Licht erscheinen.

(Stand 04/2015, Irrtümer vorbehalten)

Bild- Zitatquelle: www.angelaspalmer.com

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