Was heute als historisches Ereignis gilt, blieb damals nahezu unbeachtet: 1898 montiert Louis Renault sein erstes Automobil, den Prototyp des späteren „Typ A“, in einem Holzschuppen in Boulogne-Billancourt. Erste Probefahrten wecken bei Freunden des Pioniers nicht nur die Neugierde, sondern auch die spontane Begeisterung. Ergebnis: Weihnachten 1898 erhält Renault Aufträge über den Bau von zwölf Automobilen. Kurze Zeit später gründet Louis Renault zusammen mit seinen Brüdern Marcel und Fernand das Unternehmen „Renault Frères“ (Gebrüder Renault). Die Folge ist ein rascher unternehmerischer Aufstieg; bereits zur Jahrhundertwende beschäftigt das Familienunternehmen mehr als 100 Mitarbeiter.
Expansion in den goldenen Zwanzigern
Die beiden ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts stehen für Renault ganz im Zeichen der Expansion. Bis 1913 ist der Mitarbeiterstamm auf über 3.000 Personen angewachsen; damit hat sich die Belegschaft binnen zehn Jahren mehr als verdreißigfacht. Im selben Jahr rollt in Billancourt das 10.000ste Renault Modell vom Band. Darüber hinaus profiliert sich Renault in den 1920er- und 1930er-Jahren durch Vielseitigkeit: Das Unternehmen entwickelt und produziert Bootsmotoren, Flugzeuge, Lastwagen und Landmaschinen wie Traktoren. 1921 präsentiert Renault sogar erstmals einen Lokomotiven-Prototypen.
Neues Werk mit 1.500 Meter langem Fließband in den Dreißigern
In den 1930er-Jahren erobert Renault in mehrfacher Hinsicht Neuland: Auf der Seine-Insel Seguin errichtet das Unternehmen ein neues Werk. Das hier installierte, 1.500 Meter lange Fließband ist damals die längste Montagestraße außerhalb der USA. Neben wirtschaftlichen Vierzylindermodellen und gehobenen Sechszylinderfahrzeugen fertigt Renault hier opulente Luxuskarossen mit Reihenechtzylinder, darunter die „Nerva“-Reihe mit hochmodernem Zylinderkopf aus Aluminium.
Nachkriegsaufschwung mit praktischen Kleinwagen
Die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs führen auch bei Renault zu einer tiefgreifenden Zäsur. Nach dem Wiederaufbau ändert das bei Kriegsende verstaatlichte Unternehmen deshalb seine Produkt¬struktur grundlegend und konzentriert sich zunächst auf ein einziges Modell, den Renault 4 CV. Bis zur Produkt¬ions¬einstellung im Jahr 1961 verkauft Renault über 1,15 Millionen Fahrzeuge dieses Typs.
1956 debütiert mit der Dauphine ein weiterer Renault Bestseller. Zehn Jahre lang prägte das Kompaktmodell die Straßen in aller Welt. Das auf allen fünf Kontinenten produzierte Modell trägt wesentlich zur Internationalisierung der Marke bei.
Legendäre Fahrzeugmodelle mit Kultstatus
Dem wachsenden Wohlstand und den immer differenzierteren Käuferwünschen entsprechend, entwickelt Renault ab den 1960er-Jahren neue Fahrzeuge, die sich durch formale Eigenständigkeit ebenso wie durch ihre neuartigen Konzepte und ihre beispielhafte Funktionalität vom Wettbewerb absetzten. Ein Musterbeispiel dafür ist der 1961 eingeführte Renault 4, Prototyp des modernen Kompaktwagens mit praktischem Steilheck und großer Ladeklappe und mit über acht Millionen gebauten Einheiten bis heute das meist produzierte Renault Modell.
Eine Revolution in der automobilen Mittelklasse bedeutet 1965 das Debüt des Renault 16. Sein Schrägheck-Design, die praktische Heckklappe und die umlegbare Rücksitzbank erweisen sich als ebenso wegweisend wie sein neuartiger Vier¬zylinder-Aluminium-Motor. 1972 folgt mit dem Renault 5 ein weiterer Bestseller, der ebenfalls Kultstatus erlangt.
Einen Meilenstein der Automobilgeschichte verkörpert auch der 1984 vorgestellte Renault Espace, Urvater aller europäischen Vans. Mit weiteren Modellen im sogenannten One-Box-Design, dem Twingo (1993) und dem Scénic (1996), führt Renault diese Linie konsequent weiter.
Auch bei der Fertigung bleibt Renault eine treibende Kraft der Entwicklung. 1970 eröffnet das Unternehmen in Douai ein neues Werk, das im Hinblick auf die Produktionstechnologie neue Maßstäbe setzt. Mit modernsten Fertigungsmethoden, einem hohen Automatisierungsgrad und einer vorbildlichen Ökonomie trägt das Werk entscheidend dazu bei, dass Renault in den 1970er-Jahren zu einem der größten Hersteller des Kontinents avanciert.
Als Global Player in die Zukunft
1998, pünktlich zum hundertjährigen Bestehen, nimmt Renault sein neues Technikzentrum in Guyancourt bei Paris in Betrieb. Das mit einem Investitionsvolumen von rund 6,4 Milliarden Francs errichtete Technocentre (seit 2010 „Losange“ = „Rhombus“) versammelt erstmals die gesamten Forschungs- und Entwicklungskapazitäten des Unternehmens an einem Ort.
Die Ende der 1980er-Jahre begonnene Internationalisierungs¬strategie bestätigt Renault Ende der 1990er-Jahre durch die strategische Allianz mit Nissan und die Übernahmen von Dacia in Rumänien und Samsung in Korea endgültig. Am 27. März 1999 unterzeichnen Renault und Nissan in Tokio ein Abkommen über die Beteiligung von Renault mit 36,8 Prozent am Kapital von Nissan. Die strategische Allianz hat sich bis heute sehr positiv entwickelt. Seit 2016 zählt auch Mitsubishi Motors zur Renault-Nissan Allianz.
Mit der Marke Dacia, die Renault 1999 übernommen hat, erschließt der Konzern verstärkt den osteuropäischen Markt und Schwellenländer mit hohem Wachstumspotenzial. Die Übernahme von Samsung erfolgt im Jahr 2000. Das Unternehmen hat inzwischen eine an die Bedürfnisse des koreanischen Marktes angepasste Samsung Motors Fahrzeugpalette eingeführt.
Im April 2010 unterzeichnen die Renault-Nissan Allianz und die Daimler AG eine weitreichende strategische Kooperation. Diese beinhaltet unter anderem die Entwicklung einer gemeinsamen Architektur für die neuen Generationen des Twingo und des smart fortwo. Hierzu gehören auch Varianten mit Elektroantrieb. Die Vereinbarung schließt darüber hinaus die Nutzung von Motoren und Antriebsstrangkomponenten der Renault-Nissan Allianz für die künftige Generation von Daimler Kompaktwagen und leichten Nutzfahrzeugen ein. Ferner vereinbarten die Renault-Nissan Allianz und die Daimler AG die einmalige Beteiligung mit 3,1 Prozent am Grundkapital des jeweiligen Partners.
Fokus auf Elektromobilität
Einen besonderen Fokus richtet Renault seit 2011 auf das Thema Elektromobilität. Der Hersteller ist Marktführer in Europa und in Deutschland im Bereich rein elektrischer Fahrzeuge. Mit dem Stadtlieferwagen Kangoo Z.E., dem Cityflitzer Twizy sowie dem ZOE – Europas meistverkauftem E-Auto – hat Renault heute eine umfassende Modellpalette mit reinem Elektroantrieb im Programm.