Beim Großen Preis von Australien hat eine dritte neue Ära begonnen: Das Formel 1-Team von Renault ist zurück. Zwar kann sich kaum jemand an Zeiten erinnern, in denen die französische Marke nicht den Grand Prix-Sport bereichert hat – doch oft war Renault vor allem als Motorenspezialist dabei.
Nur zweimal schickte der Automobilhersteller einen eigenen Rennstall an den Start: Von 1977 bis 1985 verhalf die Equipe Renault der Turbotechnologie in der Formel 1 zum Durchbruch. Auch heute setzen die 1,6 Liter großen Hybrid-Sechszylinder auf dieses Aufladungssystem. 2001 übernahm das Unternehmen dann den schillernden Benetton-Rennstall und formte aus ihm wiederum eine Erfolgsgeschichte. Gemeinsam mit dem noch jungen Fernando Alonso fuhr das Team je zwei Fahrer- und Konstrukteurs-Weltmeisterschaften ein. Ende 2009 gaben die Franzosen das Team auf, auch wenn die Truppe aus dem britischen Enstone noch ein Jahr lang unter gleichem Namen antrat.
Fast zeitgleich brach für Renault eine der erfolgreichsten Epochen seiner Formel 1-Historie an: Als Motorenpartner von Red Bull Racing hagelte es zwischen 2010 und 2013 gleich acht WM-Titel in Folge – und die Welt erlebte den kometenhaften Aufstieg des neuen deutschen Grand Prix-Helden Sebastian Vettel. Auch dessen großes Vorbild Michael Schumacher hatte einen seiner sieben Weltmeisterschaften einem der bärenstarken Motoren aus Viry-Châtillon zu verdanken, 2005 war das. Als Motorenhersteller kann Renault stolz auf 23 WM-Titel und 168 Grand Prix-Siege zurückblicken.
Renault war in der Formel 1 nie weg – und ist doch wieder da
Gleich wie: 2016 schlägt der traditionsreiche Autohersteller das nächste Kapitel seiner Grand Prix-Geschichte auf und schickt wieder ein eigenes Team an den Start. Dass es sich dabei erneut um die gleiche Mannschaft aus Enstone handelt wie bereits 15 Jahre zuvor, ist eher Zufall. Denn Renault plant einen kompletten Neustart – und der braucht natürlich Zeit. Erst 2018, so die langfristige Planung, ist das Renault Sport Formula One Team wieder dort, wo es hingehört: ganz vorne.
Ein weiter Weg, und der erste Schritt ist nun gemacht: der Große Preis von Melbourne. Es war sofort ein ziemlich großer, denn die beiden neuen Fahrer Kevin Magnussen und Jolyon Palmer schlugen sich gleich sehr beachtlich. Schon im Qualifying ließen die beiden Youngster aufhorchen. Palmer, 25 Jahre jung und der Rookie im Team, stellte seinen Renault R.S.16 auf den zwölften Startplatz. Magnussen, 23, ging von der 13. Position ins Rennen. Der Däne kann zwar auch erst auf 20 Grand Prix-Starts zurückblicken, gilt aber als Megatalent. Was beide Fahrer eint: Schon ihre Väter waren einst in der Königsklasse unterwegs.
Ein Plattfuß kann Kevin Magnussen nur kurz bremsen
Für Kevin beginnt das Formel 1-Comeback jedoch unglücklich: Schon in der ersten Runde ritzt er sich einen Reifen auf, der fällige Wechsel wirft ihn weit zurück. Doch den jungen Mann aus Roskilde kann dies nicht entmutigen: Er bläst zur Attacke und greift an – die beherzte Aufholjagd führt in wieder bis auf Rang zwölf nach vorn. „Etwas haben wir dabei aber auch von der Rennunterbrechung profitiert, die durch den heftigen Unfall von Fernando Alonso ausgelöst wurde“, so Magnussen, der kurz vor der Zwangspause bereits zum letzten Mal neue Reifen hatte aufziehen lassen. „Danach waren wir vielversprechend schnell unterwegs.“
Jolyon zeigte sich im Ziel noch glücklicher: „Nach einem Jahr Rennpause habe ich die Rad-an-Rad-Duelle wirklich genossen“, so der Brite, der seinen Premieren-Grand Prix auf Platz elf beendete. „Toll, dass ich jetzt wieder im Cockpit sitze, alles lief erstaunlich glatt. Fast hätten wir sogar WM-Punkte mitgenommen. Ich bin einfach nur glücklich.“
Auch Fred Vasseur, der mit seinem eigenen Team ART zu den erfahrensten Akteuren im Motorsport gehört, zeigte sich mit seinem Debüt als Renndirektor von Renault Sport Formula One sehr zufrieden: „Der Große Preis von Australien war für unser Team sehr ermutigend. Wir haben gezeigt, dass unser Renault R.S.16 schnell ist und eine gute Basis für weitere Entwicklungsarbeit bietet. Als nächstes müssen wir unsere Konkurrenzfähigkeit im Qualifying und damit unsere Startpositionen verbessern, dann können wir hoffentlich schon bald noch bessere Resultate einfahren.“
Wann fährt das neue Renault Sport Formula One-Team erstmals bei einem Grand Prix in die WM-Punkteränge?