Renault Formel 1-Teamchef Cyril Abiteboul wusste nicht recht, wie er seinen Spitzenfahrer Daniel Ricciardo nach der Zielankunft in Imola begrüßen sollte. Denn während der Australier nach einem erneuten Podestplatz für das Renault DP World F1 Team noch breiter grinste als üblich, fürchtete Abiteboul die schmerzhaften Folgen einer Wette mit dem schnellen Sunnyboy. Doch damit befassten sich die beiden später. Zunächst feierten sie die tolle Teamstrategie und Ricciardos kluge Fahrt, die Renault den zweiten Podestplatz in drei Rennen bescherte.
Der Große Preis der Emilia-Romagna markierte das Comeback eines traditionsreichen Kurses in den Formel 1-Kalender: Imola. 13 Jahre lang musste die Strecke in der Nähe von Bologna auf ihre Rückkehr in der Königsklasse warten. 2005 hatte noch Fernando Alonso im Renault hier gewonnen – jener Champion, der ab 2021 ins aufstrebende Team zurückkehrt. Für Renault erwiese sich der „kleine Nürburgring“, so ein Kosename des Autodromos, als sehr gutes Pflaster. Denn genau wie beim Rennen auf dem echten Nürburgring gelang dem Renault DP World F1 Team der Sprung aufs Siegerpodest.
Mit mutiger Strategie fährt Ricciardo von Position fünf noch aufs Podium
Daniel Ricciardo – als Fünfter des Qualifying schon herausragend platziert – eroberte beim Start des Rennens eine Position und setzte sich sogar von seinen Verfolgern ab. Der Mann aus Perth hatte sich für einen Start auf der weicheren Reifenoption entschieden. Bei seinem ersten geplanten Boxenstopp ließ er dann die härtere Mischung aufziehen. Trotz der jetzt nicht optimalen Haftung hielt er den drängende Charles Leclerc in Schach. Allerdings gelang es Sergio Perez, sich vor den beiden zu platzieren, Ricciardo fuhr damit auf Rang fünf. In Runde 51 dann die entscheidende Szene: Der auf Rang drei fahrende Max Verstappen drehte sich nach einem Reifenschaden ins Kiesbett, während der Bergungsarbeiten versammelte das Safety Car das Feld hinter sich. Viele Piloten, auch der vor Ricciardo liegende Perez, nutzten die Gelegenheit zum Boxenbesuch. Jetzt schlug die Stunde der Strategen bei Renault: Sie entschieden gemeinsam mit ihrem Topfahrer, dass er auf einen Stopp verzichten und das Rennen auf den älteren Reifen beenden sollte. Ein hartes Stück Arbeit …
Doch der Poker zahlte sich aus: Daniel schob sich auf Platz drei vor, verteidigte ihn bis ins Ziel und feierte seinen insgesamt 31. Podestplatz. Das Renault DP World F1 Team rückt durch die zweite Podiumsplatzierung in drei Formel 1 Rennen auf Position drei der Konstrukteurs-Weltmeisterschaft vor.
Zweiter Podestplatz für Renault – kein zweites Tattoo für den Chef
„Zwei Podestplätze in drei Rennen – ich bin einfach glücklich“, jubelte der australische Strahlemann. Wir lagen ungefährdet auf Position fünf, als Max Verstappen sich rausdrehte und das Safety Car herauskam. Spätestens nachdem Perez Reifen wechselte, war uns klar, dass es richtig war, das Risiko einzugehen und selbst auf einen Stopp zu verzichten. Ich bin super happy, in Imola aufs Podium gekommen zu sein – herzlichen Dank an alle im Team, die das ermöglicht haben. Und keine Sorge, Cyril: Es gibt kein zweites Tattoo für dich.“
Hintergrund dieses augenzwinkernden Nachsatzes: Ricciardo hatte vor der Saison mit seinem Teamchef gewettet, dass dieser sich ein Tattoo stechen lassen müsste, wenn dem Australier seinen Renault bei einem Formel 1 Grand Prix unter die ersten Drei brächte. Das gelang ihm dann erstmals vor drei Wochen in der Eifel.
Während das nächste Bilderstechen also ausfällt, holte der Imola-Dritte einen anderen Brauch gerne nach, den er am Nürburgring vor lauter Freude über Rang drei vergessen hatte: Daniel zog den Rennschuh vom Fuß, füllte ihn mit Champagner und genoss den besonderen Schluck.
Renault DP World F1 Team will jetzt WM-Platz drei verteidigen
Der erleichterte Teamchef Cyril Abiteboul blickte auf die entscheidende Szene zurück: „Wir mussten uns darauf verlassen, dass noch genug Leben in den Reifen steckte. Daniel hat es dann großartig gemacht und die mutige Teamentscheidung zahlte sich dank seiner fantastischen Fahrt aus. In Abstimmung mit seinen Ingenieuren hielt er die Reifentemperaturen während der Safety Car-Phase im exakt richtigen Bereich und legte dann ein paar sensationelle letzte Runden hin. Wir sind jetzt Dritte der Herstellerwertung – um dort zu bleiben, fokussieren wir uns voll auf die vier ausstehenden Grands Prix, die jetzt sehr schnell aufeinander folgen.“
(Stand 11/2020, Irrtümer vorbehalten)