Die Renault Estafette debütierte 1959 und erfreute sich rasch großer Beliebtheit. Im Frankreich der 1960er- und 1970er-Jahre war der charmante Kastenwagen fast allgegenwärtig. Sei es im Container-Hafen oder an der Côte d’Azur, auf dem Parkplatz vor dem Baumarkt oder dem Polizeipräsidium – der vielseitige Transporter prägte wie kaum ein zweites Großraumfahrzeug das Straßenbild der Grande Nation.1 Wir gratulieren zum 60. Geburtstag.
Der einzigartige Charakter der Estafette – für die sich auch heute noch zahlreiche Oldtimer-Fans in ganz Europa begeistern – spiegelte sich bereits in dem für die damalige Zeit revolutionären Antriebskonzept wider. Denn der adrette Alleskönner war das erste Fahrzeug von Renault mit Vorderradantrieb. Und das zu einer Zeit, als rund um den Globus der Großteil der Fahrzeuge über Hinterradantrieb verfügte.
Das Erfolgsrezept der Estafette war schlicht genial: Sie kombinierte kompakte Abmessungen mit maximalem Stauraum. Trotz gerade einmal vier Metern Länge punktete der schicke Transporter bereits in der ersten Generation mit 600 Kilogramm Nutzlast, einem ebenen Ladeboden, Schiebetu?ren rechts und links, Einzelradaufhängung rundum sowie einem für Minibusse sehr kleinen Wendekreis. Damit war die Estafette ihrer Zeit weit voraus und stand insbesondere bei Lieferanten hoch im Kurs, die im wuseligen Verkehr französischer Großstädte auch das quirlige Fahrverhalten und die gute Übersicht zu schätzen wussten.
Gendarme gehen mit der Estafette auf Ganovenjagd
Die erste Serie – die zwischen 1959 und 1962 vom Band lief – verfügte über einen 845 Kubikzentimeter großen Benzinmotor mit 32 PS. Die zweite Generation mobilisierte bereits 45 Pferdestärken aus rund 1,1 Litern Hubraum. Ab 1968 lagen dann 54 PS an den Vorderrädern an, der Hubraum stieg auf 1.289 Kubikzentimeter. Damit ermöglichte die Renault Estafette eine maximale Zuladung von 1.000 Kilogramm. Gepaart mit hohem Komfort, praktischem Nutzwert und guter Langstrecken- sowie Alltagstauglichkeit war sie auch bei Familien und Reisenden sehr beliebt. Seit den Olympischen Winterspielen 1968 in Grenoble brillierte die Estafette zudem als Einsatzfahrzeug der französischen Polizei. Generationen von Gendarmen gingen mit ihr auf Ganovenjagd.
Renault bot den „Kurier“ – so die deutsche Übersetzung des Modellnamens – bis 1980 in verschiedenen Versionen und Umbauten an. Das Angebot reichte vom Minibus über Pritschenwagen, Reisemobil, Kastenwagen bis hin zum Plattformfahrgestell. Insgesamt produzierte Renault 533.000 Estafette in Frankreich, Algerien und Mexiko. In Rumänien lief der beliebte Bus ab 1975 als D6 bei Lizenzpartner Dacia vom Band und war damit der erste Kleintransporter, der die Werkshallen der heutigen Renault Tochter verließ.
1 Quelle Renault Presse Jubiläumsbroschüre: www.renault-presse.de.
(Stand 07/2019, Irrtümer vorbehalten)